BENNBAR
– Eine literarisch-musikalische Obduktion
Fassung von Jennifer Whigham und Kristina Wydra
Premiere 19. Oktober 2009, Theater Bonn
Mit Anke Zillich, Tanja von Oertzen, Konstantin Lindhorst, Stefan Preiss
Inszenierung Jennifer Whigham
Ausstattung Anne Brüssel
Licht Lothar Krüger
Dramaturgie Kristina Wydra
Fotos: Lilian Szokody
PRESSESTIMMEN:
Obduktion am Tresen: „Bennbar“ im Bonner Theater
Literarisch-musikalisches Werk von Jennifer Whigham ist in der Werkstatt zu sehen
Theater ist nicht mein Fall. Ich finde das Tragische komisch und das Komische nicht übertrieben genug“, schrieb Gottfried Benn und überließ das Stückeschreiben anderen. Seine Skepsis der dramatischen Form gegenüber hat jedoch Jennifer Whigham nicht daran gehindert, sich dem Phänomen Benn am Bonner Schauspiel mit den Mitteln des Theaters zu nähern.
„Bennbar“ heißt ihre „literarisch-musikalische Obduktion“ des Dichters und Arztes in der Werkstatt, und womöglich hätte diese Bühnen-Hommage doch Gnade vor Benns Augen gefunden. Denn die vier Schauspieler nehmen an diesem Abend keine anderen Worte in den Mund als die aus seiner Feder.
Der Übergang von einem gewöhnlichen Septemberabend in die abenteuerlich ambivalente Gedankenwelt des Pastorensohns gestaltet sich fließend.
Jennifer Whigham präsentiert den Dichter in vier Teilen… Das sprechende, singende und tanzende Schauspielerquartett bringt dem Publikum den ätzenden Zyniker und heimlichen Romantiker, den Arzt, Dichter und Menschenfeind Gottfried Benn ganz schön nah.
General-Anzeiger, 21.09.09, Gunhild Lohmann
Poetische Autopsie Bennbar in der Werkstatt
Der zerrissenen Existenz des Dichters hat die junge Regisseurin Jennifer Whigham eine wunderbar sensible „literarisch-musikalische Obduktion” auf der Werkstattbühne gewidmet. Die Schauspieler Tanja von Oertzen, Anke Zillich, Konstantin Lindhorst und Stefan Preiss bevölkern zusammen mit den Musikern Björn Klaus (Kontrabass) und Nico Lengauer (Saxophon) die Bennbar, zünden kostbare Verse und peinliche Reime. Zwischen Syphilis (Benn war Arzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten) und Asphodelen, Lido und Libido, Kokain und Konfetti erproben sie den Röntgenblick des Mediziners, der die Ambivalenz zum Prinzip seines Doppellebens gemacht hat.
Ein im besten Sinne fragwürdiger Abend über einen neu zu entdeckenden literarischen Selbstdarsteller, ein szenisch virtuoses, pessimistisches Aprèslude. Dr. G. Benns heilsame Rezepte werden dem Publikum bereits vor der Vorstellung zugeflüstert und sogar schriftlich ohne Zusatzgebühr ausgehändigt: „Entweder man macht Kunst oder man soll schweigen” steht da z. B. In der Werkstatt wird eindeutig Kunst gemacht.
September 2009, E.E.-K