an der arche um acht
Premiere 21. FEBRUAR 2025, Hans Otto Theater
Mit ULRIKE BEERBAUM, TINA SCHORCHT, AARON FINN SCHULTZ, Jacob Keller
Regie Jennifer J. Whigham
Bühne und Kostüme Matthias Müller
Musik Tobias DutschkE
Fotos: THOMAS M. JAUK
Ein stinknormaler Tag in der Antarktis: Drei Pinguine stehen in der Kälte. Überall nur Schnee und Eis und Eis und Schnee. langweilig! Weil ihnen nichts Besseres einfällt, brechen die drei einen Streit vom Zaun und beginnen eine wüste Prügelei. Doch auch diese ändert nichts an ihrem Grundgefühl der Langeweile. Als ein Schmetterling zufällig vorbeifliegt, ist dies der Auslöser für eine ganz normale Diskussion unter Pinguinen über Gott, die Welt und ob man auch dann Schuld hat, wenn man jemanden aus Versehen abmurkst. Der dritte Pinguin geht als Verlierer aus der Debatte hervor und watschelt enttäuscht davon.
Plötzlich platzt bei den beiden verbliebenen Artgenossen eine Taube mit einer sonderbaren Nachricht herein: Gott hat die Sintflut angekündigt, und um Punkt acht Uhr geht eine Arche. Zwei Tiere jeder Art sind eingeladen – nur zwei! Jetzt haben sie ein Problem: Wie erklären sie das dem Dritten? Zum Glück ist einer der beiden Pinguine ziemlich gewieft und beschließt kurzerhand, dass sie ihren Freund einfach als Handgepäck auf die Arche schmuggeln. Ein kleiner Regelbruch sollte Gott ja wohl nicht stören, oder? Gesagt, getan. Aber an Bord der Arche wird die Stimmung schnell frostig, obwohl die Pinguine schon genug Eis hinter sich haben: Das Meer ist endlos, die Taube nervt mit ihren Regeln, und die Anwesenheit des dritten Pinguins muss ständig vertuscht werden. Allerdings bleibt jede Menge Zeit, über Gott und das Leben nachzudenken. Muss man Gott wirklich so ernst nehmen? Hat er Humor? Und wenn er wirklich alles sieht – was denkt er dann über einen gewissen Pinguin, der sich im Koffer versteckt? Und mag Gott eigentlich Käsekuchen? Und wenn ja, mit oder ohne Rosinen?
In Ulrich Hubs preisgekröntem Kinderstück zeigen die Pinguine mit ihrer leicht chaotischen und ziemlich schrägen Reise, dass man die großen Fragen des Lebens am besten gemeinsam und mit einer Prise Humor angeht.
„Ist Gott gütig? Grausam? Nicht vorhanden? Oder vielleicht ein Toaster? Das sind die Fragen, die Ulrich Hubs Kinderstück „An der Arche um acht“ beschäftigen. Der Autor schickt darin drei Pinguine auf Sinnsuche: Gott ist unzufrieden, er hat die Sintflut angeordnet. Aber er ist auch gnädig (oder eitel?). Ein paar Tiere will er retten. Von jeder Spezies genau zwei.
So beginnt das Stück, das in der Reithalle des Hans Otto Theaters am Freitag Premiere hatte. Das Dilemma für die Pinguine beginnt bei der Tatsache, dass sie zu dritt sind (Ulrike Beerbaum, Tina Schorcht, Aaaron Finn Schultz). Denn auch wenn sie sich gerade gestritten haben: Zurückbleiben soll keiner. Was also tun?
Der Charme von Hubs Stück ist, dass das Dilemma der Pinguine sich leicht übersetzen lässt in die Erwachsenenwelt. Der Wasserpegel steigt ganz real, auch ohne Gottes Zutun. Und die Frage nach gerechter Verteilung bei ungenügender Mittellage treibt bekanntlich, nur ein Beispiel, Potsdams Haushalt gerade um. Auch auf kulturpolitischer Ebene stellt sich derzeit die Frage: Wer soll absaufen?
Die Antwort der Pinguine wäre klar. Keiner. Schon die erste Szene in Jennifer J. Whighams Regie zeigt: Zwischen die drei passt kein Blatt. Sie streiten und kabbeln sich, aber sie kuscheln auch und halten so dem antarktischen Wind stand. Sie sind, da sind Text und Regie erfrischend realistisch, mürrisch und missgünstig, aber sie sind Freude. Also schummeln sie den dritten Pinguin mit an Bord, als blinder Passagier. Mit schlotternden Knien, dreistimmigen Kantaten auf die Freundschaft und viel Humor.
Dass am Schluss alles gut wird, versteht sich von selbst. Das Stück für Kinder ab sechs erzählt zwar von einem drohenden Ende, auch von der Angst davor, macht aber selbst keine. Die Sorge um den Klimawandel oder Verteilungskämpfe, bei denen ganz real Menschen oder Institutionen baden gehen, wird richtigerweise den Großen im Saal überlassen. Die Kleinen erfahren anderes: wie wertvoll es ist, vor allem auf Bande zu vertrauen, die sie selber knüpfen.“
Tagesspiegel, Lena Schneider